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"Abenteuer eines
Landschaftsmalers
Die meisten Laien
haben von den Schwierigkeiten, mit denen die Landschaftsmaler oft zu kämpfen
haben, keine Ahnung. Er geht halt einfach ins Freie, stellt seine
Staffelei auf u. malt, denken sie. Aber da gibt es allerlei unangenehme
Dinge, die dazwischen kommen. Man hat z.B. ein Bild zu malen begonnen, bei
dem eine blühende Wiese den Hauptreiz bildet. In dieses Wunder von Farbe,
Form u. Luft möchte man sich vertiefen, da auf einmal kommt der Bauer mit
der Sense und in ein paar Stunden liegt die ganze Herrlichkeit am Boden.
Manche Bauern lassen ja auch mit sich reden u. warten mit dem Abmähen
einer Wiese oder eines Getreidefeldes noch ein paar Tage, aber das sind
Ausnahmen. Es gibt auch recht grobe, die – wie es Maler Keitel
bei Blutenburg passiert ist – den harmlosen Maler gleich mit der
Heugabel fortzujagen drohen. Sehr in die Quere können einem auch ihre
Hunde kommen, wenn sie plötzlich aus den Bauernhöfen herausschießen.
Auch anderes Viehzeug wie z.B. Stiere in Kuhherden sind eine manchmal
bedenkliche Beigabe. Baer hat mir von einem Fall
erzählt, wo einer seiner Bekannten während des Malens von einem Stier
angefallen wurde. Er versetzte dem mit gesenkten Hörnern auf ihn
zukommenden Tier mit seinem schweren Wasserpinsel einen Tritt auf den
Kopf, daß es verdutzt um sich schaute, während der Maler das weite
suchte. Es ist ein Glück, wenn dann ein Zaun in der Nähe ist, über den
man sich zurückziehen kann. Bei Blutenburg haben mich einmal während ich
am Würmufer saß u. zeichnete, 2 Hunde angefallen, darunter ein großer
Entenhund, einer kam von vorn, einer von hinten. Rasch gefaßt schlug ich
mit meiner Zeichenmappe u. meinem Malstuhl um mich. Aber ich kam auf dem
abschüssigen Boden ins Rutschen u. schon packte mich der große Hund u.
biß mir in den Oberschenkel. Auf meine Hilferufe kamen die
Klosterschwestern herbei und befreiten mich von den Tieren. Die Wunde
blutete heilte aber zum Glück gut. Es war ein großer Leichtsinn gewesen,
den gefährlichen Hund von d. Schwestern von der Kette ins Freie zu
lassen.- Frau Prof. Baer haben Kinder einmal einen
Schabernack gespielt. Als sie an einer abschüssigen Stelle eines
Bachufers malte, versuchten sie hinter ihr ein Häufchen Pulver
abzubrennen, um sie zu erschrecken und zum Ausrutschen ins Wasser zu
bringen. Sie wurde jedoch noch rechtzeitig auf das geplante Attentat
aufmerksam. - Schulkinder können einen überhaupt sehr bei der Arbeit stören.
Sie umringen einen manchmal in Schaaren und machen ihre Bemerkungen über
den Maler u. seine Malerei. Auch kommt es vor, daß besonders freche die
Leinwand als Zielscheibe von Steinwürfen benützen. - Wie der Maler
manchmal mit den Elementen kämpfen muß, werde ich 1907 gelegentlich
meines Studienaufenthalts in Indersdorf erzählen. Um an meinen Standort
zu kommen war ich deshalb genötigt eine längere Strecke durchs Wasser zu
waten. An dem betr. Platz selbst habe ich mir aus Balken u. Brettern ein
Podium gebaut. - Das Wetter macht einem bei der Arbeit am häufigsten
einen Strich durch die Rechnung. Regentage zwingen einen zum Unterbrechen
der Arbeit; verregnete Wochen können einem einen ganzen Studienaufenthalt
verderben. An den Osterseen u. dem Chiemsee bin ich ein paar mal bis auf
die Haut durchnäßt von der Arbeit nach Hause gekommen. Auch große
Hitze, bei der noch dazu die Farben auf der Palette wie Butter schmelzen
kann einem schwer zu schaffen machen. Bedenkt man noch dazu den ewigen
Wechsel der Beleuchtung u. Stimmung auch die sonstigen Veränderungen in
der Natur wie Laubfall oder zu rasches Grünwerden, so wird man wohl
einsehen daß es mit der Landschaftsmalerei nicht so einfach ist ..." |