| |
Aus:
|
100
Jahre Hotel Spaander 1881-1981 von K. Simons, Volendam 1981 (Übersetzung:
Nicole Kaffanke) |
S. 15 |
....Durch eine Gemäldeausstellung in London im Jahre 1875 wurde das Interesse
der Kunstmaler für Volendam geweckt. Leendert, der Sprachen gut
beherrschte, konnte Besuchern häufig seine Hilfe anbieten. Er und seine Frau Aaltje erkannten
die Chance aufgrund dieser Kontakte und 1881 wurde mit finanzieller Hilfe
eines befreundeten Schiffers die Kneipe von Pieter Steur an der Palenbuurt
(Pfählviertel) gekauft, eine alte Kneipe, die bereits ab1854 eine Lizenz
für den Alkohol-Ausschank hatte. Eine Etage wurde auf das Lokal gesetzt
und so hatte Volendam ein kleines Hotel, um Kunstmaler zu beherbergen. Es
wurde ein Hotel mit einem langen Leben.
Zunächst blieb Leendert noch Seefahrer und überließ Aaltje die
Bewirtschaftung des Hotels. Sehr bald wurde klar, dass Erweiterungen nötig
waren und das Leendert seine Frau im Management des Betriebes unterstützen
musste. Es war nicht nur sein Unternehmergeist durch den Leendert einen
Platz in der Volendammer Gemeinde besetzte, es war auch sein soziales
Engagement.
...
|
S.
17 |
Leendert
und Aaltje hatten offensichtlich Erfolg, denn um 1910 hatten sie hinter
dem Hotel fast die gesamte Fläche des unbebauten Bodens “Kleipark” in
Erbpacht.
Unter anderem durch ihre Kochkünste lockte Aaltje immer mehr Gäste an.
Leendert zog im Winter ins Ausland, besuchte dort seine ehemalige Gäste
und Freunde und machte mit Fotos Reklame für Volendam und sein Hotel. Die
Fotos erhielt er von bekannten niederländischen und ausländischen Fotografen,
die auch Volendam entdeckt hatten.
Anfangs kamen überwiegend englische Künstler, nach 1900 begegnete man
auch Malern aus vielen Ländern, die durch Ausstellungen ihrer Arbeiten in
Europäischen und Amerikanischen Städten wiederum andere neugierig
machten auf Volendam.
In diesen Zeiten war es “en vogue” für ältere Kinder aus gutem Hause
einen Malkurs zu belegen und mit einem namhaften Kunstmaler einen Monat zu
verreisen. Diese Künstler kamen mit ihren Schülern (manchmal 20 oder
mehr) in das Hotel Spaander. Dadurch musste die Kapazität des Hotels auf
fast 100 Betten ausgeweitet werden. Aber Leendert und Aaltje wollten ihre
Gäste richtig verwöhnen und deshalb boten sie während der Hauptsaison
einmal im Monat eine großartiges Diner an, was wiederum zu großen
Festabenden führen konnte, davon zeugen manche Zeichnungen. Tochter Alida
besaß ein Menubuch, das ihre Mutter Aaltje für diese Diners geschrieben
hatte. Diese Diners und Menus waren dermaßen, dass das Menubuch später
noch öfter konsultiert wurde zur Vorbereitung großer Diners. Es ist
nicht bekannt, ob das nachfolgende “geflügelte Wort” von Leendert
selbst stammte, aber er muss öfter über diese Diners gesagt haben
“Ach, sie essen mich arm, aber sie trinken mich reich”!... |
S. 20
|
...Das Hotel Spaander war einmal im Jahr ganz für die Dorfbewohner,wenn
Kirmes war. Damals begann die Kirmes am letzten Mittwoch im September...
Otto Piltz: Kirmes am Hafen
Leendert
Das Hotel Spaander beendete dann die Saison. Alle Gemälde und Zeichnungen
wurden von den Wänden geholt, die Möbel für eine Woche weggeräumt und
Hochzeitstische und Bänke wurden aufgestellt. Nach der Kirmeszeit kam die
Zeit der große Reinigung des Hotels, es wurden Ausbauten und Reparaturen
zur Vorbereitung der nächsten Saison ausgeführt... |
S.
22 |
...Leendert
...Hotel Spaander hatte schon lange vor den 20er Jahren fließendes Wasser
- bereits vor dem Anschluss an das Provinziale Wassernetz.
...Als sich anfangs
des 20. Jahrhunderts der Autoverkehr entwickelte, meinte Leendert, dass
sein Hotel eine Garage brauche.
...Unter die Garage wurden zwei Wohnungen und der Reservetank für das
Regenwasser gebaut. Auf dem Speicher entstanden 4 Ateliers, die an Künstler
vermietet werden konnten...
|
S. 30 |
...Auch wenn es die Absicht der Tochter Alida (1919) war, die Tradition
des Hotels weiter zu führen, bewirkte der Erste Weltkrieg, dass ausländische
Künstler ausblieben. Niederländischen Künstler kamen jedoch nach wie
vor.
...Alte Kontakte blieben erhalten und als Reisen wieder möglich war,
kamen wieder viele Maler. Sogar so viele, dass gegenüber dem Hotel
Spaander ein kleines Geschäft mit Malutensilien eröffnet wurde “Art
Store” wodurch die Maler für die Beschaffung ihres Materials nicht mehr
nach Amsterdam reisen mussten. Bei den begüterten jungen Leuten gab es
nun weniger Interesse an Malschulen als noch vor 1914, als noch Maler mit
ihren Schülern kamen. Wahrscheinlich hatte auch die schnelle Entwicklung
der Fotographie Einfluss auf die Malerei... |
S. 32 |
... in der Zeit als Leendert das Hotel führte, war
es ein ausgesprochener Begegnungsort der Maler, nach 1914 als Alida das
Hotel leitete, erhielt es mehr einen touristischen Charakter...
|
S. 33 |
...Obwohl noch immer Maler
kamen und die enorme Gemäldesammlung weiterhin zunahm, kamen nun immer
mehr Touristen... |
S. 45 |
Es ist noch nicht so lange her, dass man im Eingang des Hotels Spaander
durch ein Gemälde “Artist kom binne” begrüßt wurde. Seit Anfang des
Jahrhunderts gehörte es zum Hotel .
Es ist schon erstaunlich, dass Volendam um vieles bekannter war als die
Insel Marken, denn in alten Reisebeschreibungen finden wir wiederholt
Beschreibungen von Marken während Volendam gar nicht oder nur beiläufig
erwähnt wird....
Aber auch in alten Zeitschriften wird die Insel häufiger erwähnt.
Möglicherweise dadurch, dass der Englische Kunstmaler George Clausen die
Insel um 1875 als zeitlich begrenztes Domizil auswählte. Er kam eines Sonntags
nach Volendam und wurde aufmerksam auf die Kirchgänger. So entstanden
mehrere Skizzen und das Gemälde ”High Mass at a fishing village”.
Dieses Gemälde fand großes Interesse in der Ausstellung der Londoner
“Royal Academy” von 1876.
Dadurch wurde die Aufmerksamkeit auf dieses besondere Dorf Volendam
gelenkt und einige Maler angelockt wurden. Die Anzahl muss 1881 so groß
gewesen sein, dass Leendert Spaander, der durch seine Sprachkentnisse
schon mal Kontakt mit auslänsdischen Malern hatte, sich traute die Kneipe
zu kaufen und auf dem Speicher ein paar Zimmer herzurichten und so sein
bescheidenes kleines Hotel begann.
In den ersten Jahre wurde in dem Hotel kein Gästebuch ausgelegt, so dass
man wenig über die Gäste dieser Zeit weiß. In damaligen
Reisebeschreibungen unter anderen von Boughton (1885), Lovett (1887) und
Vos wird Volendam wohl genannt aber über das Hotel und seine Künstlergemeinschaft
wird nichts geschrieben, obwohl doch ein Anzahl Gemälde aus dieser Zeit
stammen, auch Zeichnungen und Illustrationen in Büchern und Zeitschriften,
so Vos (1890), von Bartels (1893) en May en Partridge in Punch um 1898... |
S. 47 |
Wenn wir aber die Gästebücher des Hotels durchblättern,
die 1887 eingeführt wurden, begegnen wir außer Malern auch viele berühmte
Namen wie Edward Grieg, Dreyfus, Julius Röntgen, Eleanor Roosevelt, Lord
Baden Powell und in späteren Jahren Pisuisse und Antony Eden.
Schon vor der Jahrhundertwende wuchs die Anzahl der Gäste und damit auch
das Hotel. Es bekam einen steinernen Vorgiebel und die Speicheretage auf der Kneipe bekam eine Hotelkapazität von
ca. 10 Zimmer. Nachdem man in der Höhe ausgebaut hatte und die Zahl der
Maler weiter anwuchs, wurde kurz nach 1900 quer an der Rückfront ein großer
Saal angebaut mit darüber liegenden Zimmern.
Es waren vor allem Künstler, die dieses Hotel besuchten. Aber um das
Hotel in allen Jahreszeiten gut zu belegen, besuchte Leendert in den
Wintermonaten seine Bekannten im Ausland. So reiste er u.a. in 1894 mit
zweien seiner Töchter in Volendamer Tracht zu einer Ausstellung in
London, wo Gemälde von Nico Jungman, in Volendam gemalt, ausgestellt
wurden. Diese Ausstellung war ein enorme Erfolg für den Künstler und
eine gute Reklame für Volendam und das Hotel Spaander.
Aber trotz alledem entstand in Volendam nicht eine "Malerkolonie"
wie andernorts. Dies erklärt sich dadurch, dass in Orten, wie in Laren
und Bergen, wo die Künstler die Dörfer als Wohnort auswählten und so
ausdauernd mit den Kollegen in Kontakt waren. So beeinflussten sich die Künstler
, die zu dieser Kolonie gehörten, wechselseitig.
Als der Amerikaner Maler John Rettig nach 1920 (aber jetzt ohne Schüler)
zurückkam und Beleuchtungstechnik auf seine Modelle anwandte, die er von
den amerikanischen Cineasten übernommen hatte (Hintergrundbeleuchtung und
Gegenlichteeffekte) sehen wir dies nach 1922 bei den Gemälden von George
Hering, später sehen wir diese Einflüsse auch bei anderen Künstlern.
Gemütlich muss es wohl gewesen sein im Hotel Spaander in den ersten
Jahren nach 1900. So schreibt Tomalin 1907 :”Spaander ist ein gutes
Hotel mit einem höflichen Wirt, eine mütterliche und unvergleichliche
Gastwirtin und eine Truppe charmanter Töchter, die immer beschäftigt
aber fröhlich sind”.
Herr Spaander wird ab und zu wohl Sorgen gehabt haben mit so vielen jungen
Malern im Haus und seinen sieben fröhlichen Töchtern....
Drei der Töchter heirateten dann auch
Kunstmaler, so die Maler A. Hanicotte, G. Hering und W. Wouters, wovon die
beiden Letzteren sich auch in Volendam niederließen. Sie waren nicht die
einzigen Künstler, die Volendam zu ihrem ständigen Wohnort wählten, so
haben die Maler H. v. d. Haar, Anth. P. Schotel und J. Spier dort für kürzere
oder längere Zeit gewohnt und A. Bleys wählte Voldendam zu seinem ständigen
Wohnsitzt. Der Bildhauer Alb. Termote hat viele Jahre in einem Studio
gewohnt, das später auch Schotel bewohnte.
Bildhauer finden wir wenige in dieser Welt. Neben Termote arbeiteten auch
Charles van Wijk und Tjipke Visser noch einige Zeit in Volendam.
Man verbindet meistens Gemälde mit Spaander. Aber auch für die vielen
oft humoristischen Zeichnungen von P. v.d. Ham, R. C. Ewen, Bueno de
Mesquita, Hardwich u.a. ist es interessant. Gerade die Zeichnungen geben
häufiger die Atmosphäre wieder, die während der Malerperiode im Hotel
herrschte.
...Alle diese Maler benötigten auch viel Atelierraum. L. Spaander baute für
diesem Zweck zwei große Ateliers in “het Kleipark” während er über
der Garage 4 Ateliers bauen ließ. Daneben gab es verschiedene private
Adressen am Hafen, wo weitere 12 Ateliers zur Verfügung standen und ein
Studio an der B. Bemmerstraat, welches lange Zeit von A. Termote und A. P.
Schotel bewohnt wurden. Die Ateliers in “het Kleipark” sind im Winter
1944 verschwunden und andere Ateliers sind nach 1950 nach und nach umgebaut
und für andere Zwecke eingerichtet worden. |
|
|
|
Statistische Daten |
|
|
Seitenanfang
|