Hans Speckter

geb. 1848 Hamburg, gest. 1888 Lübeck. 

Mit Speckter verband Otto Piltz ein langjährige Freundschaft. In seiner Selbstbiographie und Briefen, vgl. "Hans Speckters Briefe aus Italien", Hrsg. von Rosa Schapire, Hamburg und Leipzig 1910 wird dies deutlich:

"...Erst als ich zu Ferdinand Pauwels in die Malklasse gekommen war, wurde ich warm in ihrem Kreise und standen mir Kops, Friedrich, Freiesleben, Piltz, Krohn und Arndt, mit welchem ich mehrere Jahre zusammen wohnte, am nächsten..." S. 6

"... Zu Studienreisen bin ich damals nicht gekommen. Außer einigen kleinen Fußtouren nach dem Thüringer Wald und einer dreiwöchentlichen Durchstreifung des ganzen Harz mit meinem Freund Piltz, welcher noch nicht lange vorher als wandernder Malergesell die Welt durchschweift hatte, damals aber durch seine urwüchsigen thüringischen Genrebilder die Aufmerksamkeit der ersten Berliner Künstler erregt hatte, habe ich die langen Sommer- 
ferien stets im Elternhause zugebracht..." S. 7

"...Mein Vater war mit meinem vielen Komponieren mit Recht nicht einverstanden. Immer wieder mahnte er mich, nun bald selbständig zu werden, Genrebilder zu malen, und stellte mir Hugo Kauffmann und Piltz als Vorbilder hin. Mein erstes Bild war denn auch eine Kinderstube, zu welcher ich die Studien bei längerem Aufenthalt zu Hause nach meinen eigenen Geschwistern gemalt hatte. Ich vollendete dann das Bild in Weimar..." S. 8

"...Vorher aber traf ich mit meinem Freunde Piltz in dem, durch Knaus zu Ehren gebrachten hessischen Dorf Willingshausen in der Schwalm zusammen. Endlich eine wirkliche Studienreise und ein Platz, an dem sich alles vereinigte: winklige Dorfstraßen mit obstbaumbeschatteten Lehmhäusern, ein fruchtbar welliges Wiesenland, die kräftigen Gestalten und charaktervollen Köpfe der Männer und Frauen und bei übermäßigem Fleiß und magerer Kost alle gesund und 
immer vergnügt. Dazu die schöne, originelle Schwalmer Tracht, auch bei den Jungen und Mädchen noch fast allgemein und ebenso die alten Volkssitten. 

Wir sahen einen Hochzeitszug mit den spinnenden, goldbekränzten Brautjungfern und dem hochbepackten Ausstattungswagen, wir erlebten den dreitägigen Plantanz unter der wirklichen Knaus'schen Gold-Hochzeitslinde, wir nahmen teil au dem Leichenschmaus unserer eigenen Wirtin. Ich dachte nicht mehr an Historienmalerei! Die hessische Schwalm zu verherrlichen, das sollte das Ziel der nächsten Jahre sein. Und wie verstand es Piltz mit den Menschen umzugehen! Kinder und alte Weiber, die frischen, kurzröckigen Mädchen und die jüdischen Händler, alle wusste er richtig zu nehmen; er war der Held des Tages. 
Und wie lebte ich auf in seiner erfrischenden Nähe, ich fühlte mich als Mensch und Künstler neugeboren! Bald war ich fast ebenso vertraut mit den urwüchsigen Menschen wie er. In den ersten Wochen machte ich alle Studien mit ihm zusammen. Später zu ein paar Bildern, die ich malen wollte. Ich habe nie wieder ein so fröhlich harmloses Spielen der Bauernjungen gesehen und war in den staubigen Dorfwegen oder auf schattigen Wiesen von ihnen immer umgeben. Friedlicher war die Unterhaltung mit den freundlichen alten Jungfrauen, die tagein tagaus am blumengeschmückten Fenster neben dem sauberen Himmelbett sitzen und spinnen und sich mit einem unglaublich geringen Lohn begnügen müssen..." S. 9 f.

er vergleicht sein Leben in München mit dem in Weimar:

"... Die [Münchener] Gesellschaft unterscheidet sich in nichts von der des Weimarischen Künstlervereins, als das dort in Weimar an einem Tisch mehr wirkliche Bildung und am andern mehr Urwüchsigkeit herrschte als hier. So'n gesunder Kerl, als Mensch wie als Künstler wie Piltz ist unter all meinen hiesigen Bekannten nicht, ausgenommen einzig und allein Schönleber, denn selbst Petersens Wollen ist nicht mehr ganz naiv und gesund, sondern, obgleich in der guten (die alten Meister studierenden) Achtung „angemünchnert'*. 

Ein Genrebild wie das Piltz'sche letzte habe ich hier weder im Glaspalast noch in der Kunstausstellung gefunden, so wirklich, im guten Sinne naturalistisch, so studiert in der Farbe. Daß man Figuren im Freien malt und nicht im Atelier und nachher irgend einen landschaftlichen Hintergrund hinzufügt, kommt hier so gut wie gar nicht vor, ist auch bei der ungeheuren Ausdehnung der Stadt kaum ausführbar. — Das Ende vom Liede ist, daß ich nicht im allermindesten den Wunsch habe, je für länger wieder hierher zurückzukehren; mir ist der Volkscharakter, die Stadt und das moderne Kunstleben noch heute gerade so unsympathisch wie damals, eigentlich noch unsympathischer, da ich mehr Selbstgefühl bekommen habe — einige Freunde sagen sogar, ich sei arrogant geworden, freilich gerade die, welche mich 
früher am meisten zu größerer Selbständigkeit zu bringen suchten, aber nicht glaubten, daß ich mich gerade von ihnen selbst am gründlichsten emanzipieren würde..." S. 62

Otto Piltz schreibt an Hans Speckter:

[Brief von Otto Piltz an Hans Speckter. Original: Staats- u. Univ. Bibl. Hamburg Sign. N Speckter H: P: 11-12  40.611 und Glockenbild]

"Weimar, d. 4. October 1877

Mein lieber, guter Hans!

Ganz kümmerlich war mir zu Muthe als ich Deine Karte von Magdeburg erhielt, wie schade daß wir den letzten Abend nicht besser ausnutzten, dies jammert mich heute noch. Natürlich habe ich  Postanweisung „30 Mark“ richtig erhalten, dieses hätte es durchaus nicht preßiert.-----

Der Vorsatz Dir öfter, wie sonst zu schreiben hat wirklich festen Gehalt bei mir angenommen, auch wäre dieser Brief schon längst vom Stapel gelaufen, wenn die letzten Tage uns nicht so viele Aufregungen gebracht hätten. Die Krankheit meines guten Schwagers[1] hat mit dem Todte geendet; ich war ein paar Tage in Eisenach, hauptsächlich als Vertreter beim Begräbnis. Das größte Malheur bei der Sache ist das „meine liebe Schwägerin Reineck[4] wird um 10 Jahre zu früh Wittwe“. Die Rückwirkung dieses Schlages in unsere inneren Familienverhältnisse sind sehr trauriger Natur, Du kannst Dir denken, daß meine alten Schwiegereltern nicht wenig darunter leiden, am allermeisten traurig über diesen Fall ist meine gute Frau, sie hat dem verschiedenen Schwager sehr nahe gestanden.

Danach kam der ... [?] meines Schwagers Oskar Schillings von Eisenach, die ganze Familie war einige Tage bei uns, meine liebe Schwägerin war mitgekommen um sich ein wenig heraus zu reißen, Alma begleitet sie nächste Woche nach Eisenach, bleibt solange dort wie ich in Berlin; wahrscheinlich reise ich nächsten Montag.----

Woldemar Friedrich[2] hat Dienstag einen kräftigen Jungen bekommen! Laut Anzeige in Blättern, ich freue mich unbändig darüber, Du ebenfalls.

Gethan habe ich bis Dato nichts, nur das Glockenbild habe ich fertig gepingelt. K. Rettich[3] ist hier, er malt in meinem Atelier, der Leim war ihm so ungesund wegen der Luftheizung, da bot ich ihm an meines zu benutzen zumal ich im Winter so wenig darin arbeiten werde „ die Verwahrschule mein Californien“. Christian ist hier, von der Kur furchtbar angegriffen, er zittert ordentlich in den Knien, sonst ist er ganz der gute Alte, ohne Klage, voller Arbeitslust.

Wie weit bist Du mit Deiner Arbeit? Sind Deine Studien in Ordnung? Verstanden Deine lieben Angehörigen die Sachen, oder nicht? Weichardt, Friedrich u. ich, sind voller Dankbarkeit Deine Aquarelle gesehen zu haben. Hans! Kannst Du Deine ornamentalen Kenntnisse in Hamburg nicht anbei als Lehrer verwerthen, vielleicht in der Gewerbeschule? Bohre doch mit dieser Idee doch an den richtigen Stellen an, Du eignest Dich sehr gut dazu, es wäre schade wenn Deine Kenntnisse brach liegen müßten, bei einer solchen Stellung, würdest Du noch Zeit zu Deinen Arbeiten genug haben und würdest außerordentlich nützen können. Auf  ein paar hundert Thaler Gehalt kann es Deiner Stadt gar nicht ankommen, ist keine Stellung für Dich  da, so müßten sie Dir eine schaffen, das Bedürfniß dafür, ist mehr wie nöthig vorhanden.----

Wenn ich in Berlin bin schreibe ich Dir viel u. schön, bis dahin grüßt Dich die ganze Familie Piltz von ganzen Herzen

                                     Dein Otto

Kops Adresse. Rietschel Straße 9. 1. Stiege [vermutlich Rietschelstraße, Pirnaische Vorstadt 01069 Dresden]



[1]              Oberst Reineck (?-1877), Bildnis von Otto Piltz

[2]              Woldemar Friedrich (1846-1910), Maler

[3]              Karl Lorenz Rettich (1841-1904), Maler  

[4]              Anna Reineck, geb. Schilling, heiratet später Wilhelm Georg Ritter  

 

 



 

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